Samstag, 5. Januar 2013

Schnapszahl-Ausgabe: Rückblick und Ausblick

Die Arbeitsumgebung (Foto: CS).
Fast ein halbes Jahr nach dem ersten Beitrag für "Osnabrück, Emsland, die Welt", und pünktlich zur 111. Ausgabe gestern, möchte ich eine vorläufige Bilanz ziehen, und ein paar Änderungen ankündigen. Bislang habe ich es als Verpflichtung betrachtet, jede Woche mindestens einen, besser aber zwei oder drei Beiträge selbst zu veröffentlichen. Dafür habe ich im neuen Jahr voraussichtlich keine Zeit mehr. "Osnabrück, Emsland, die Welt" bleibt aber Forum für die Texte und Fotos aller beteiligter Autoren.

Der Blog begann als Experiment mit einigen Fragen: Wird es Spaß machen, mehrmals in der Woche selbstgewählte Inhalte zu präsentieren? Werden sich überhaupt Themen finden? Und, etwas nachgeordnet: Wird es Leser geben?

Der Gemeine Totengräber ist gar nicht so gemein.
Schnell hat sich gezeigt: Themen finden sich, wenn man die Augen offen hält (und ein Thema ist, was man zum Thema macht). In den Sommermonaten kreuchte und fleuchte es zum Beispiel vielerorts, und entsprechend viele Insekten rückten in den Fokus. Sie tragen wunderschöne Namen: der Bienenwolf, die Langfühlerschrecke, der gemeine Totengräber, der Rüsselkäfer (als gern gesehener Gast im Badezimmer), die beißende Larve des Asiatischen Marienkäfers, und der Waldmistkäfer. Mindestens eines haben sie den verschiedenen Autoren gezeigt, die sich mit ihnen beschäftigten: unsere Welt wimmelt, und jedes Wimmeltier führt ein ziemlich spannendes Leben.

Die erste "Biotope"-Folge:
Trockenlandschaft an Bahnschienen.
Noch einer zweiten Serie tat es gut, dass die ersten Monate des Blogs der Juli und der August waren. Verschiedene Autoren haben in bereits zehn Folgen interessante "Biotope" beschrieben, Lebensräume also.  Die Beiträge konzentrieren sich nicht nur auf klassische Naturschutzgebiete wie den Spreewald oder den - weniger bekannten - Hainberg. Der Blick richtet sich vielmehr auch auf kleine Schätze wie die Wickriede oder idyllische Balkons in Berlin-Neukölln, Räume also, die eher als Kulturlandschaften gelten. Und doch sind auch sie Lebens-Räume.

Der Alfa Montreal (cool!) (Foto: NS).
Je mehr Autoren am Blog mitwirken, desto mehr verschiedene Perspektiven auf die Welt treten hinzu. Nico Siemerings Blick geht zum Beispiel auf einen wichtigen Teil der unbelebten Welt. Seit mittlerweile 16 Folgen präsentiert er jeden Freitag ein "Auto zum Wochenende". Seine Fachkenntnis und seine Liebe zum Detail, ja, seine Autophilie, machen die Lektüre seiner Texte immer wieder zum Erlebnis - Liebeserklärungen wie an den Fiat 500 und die DS von Citroen, harsche Kritik wie am Porsche Panamera und am BMW X6, oder  faszinierende Bildersammlungen wie die Jubiläumsausgabe zum Thema Design. Nico Siemerings Beiträge bekommen regelmäßig besonders hohe Klickzahlen.

Ein Gesicht wächst aus einem Baumstamm (Foto: TT).
Einige Autoren haben den Blog besonders geprägt. Zu ihnen zählt in besonderem Maße der Dänemark-Korrespondent Thomas Trilken. Mal schreibt er mit spitzer Feder über die Unterschiede zwischen dem deutschen und dem dänischen Fernsehprogramm kurz vor Ende des Maya-Kalenders. Mal durchstreift er die Gegend um Sønderborg, um das dortige Biotop "zwischen See und See" zu beschreiben. Besonders in Erinnerung bleiben auch die seltsamen Gesichter, die Thomas im Halbdunkel gesehen und glücklicherweise fotografiert hat. 

Moscow Mule (Foto: LME)
Zu den prägenden Autoren gehört auch die Berlin-Korrespondentin Anne, die sich auf mehreren Themenfeldern bewegt hat. Besonders bleibt ein Erlebnisbericht von Mitte September in Erinnerung: Jemand hatte ungefragt Annes Auto geliehen und umgeparkt. Einen ganz anderen Fokus setzte Annes Beschreibung eines Trink-Erlebnisses: Der "Moscow Mule" wurde seitdem sicher noch ein paar Mal öfter bestellt. Zuletzt zitierte Anne bildlich die Installation eines Gedichts auf dem Tempelhofer Feld: "All our splendid monuments / lipstick traces on a cigarette".

Im Sommer im Stadion.
Es ist erstaunlich, welches Themenspektrum in den vergangenen fast sechs Monaten behandelt wurde. Neben reinen Spaß-Beiträgen regten manche Beobachtungen auch zum Nachdenken an, zum Beispiel Peter Schepsmeiers Erlebnis im Stadion von Preußen Münster. Ultra-Fans hatten ein Transparent vorgezeigt, mit der Aufschrift "Gegen Sexismus und Homophobie", nur um kurz danach noch ein zweites hochzurecken, das die tolerante Aussage zunichte machte: "Ihr schwulen F.....".

Aktuelle Statistik (Foto: CS).
Die Themen kamen eher auf die Autoren zu, als dass sie gesucht wurden. Welcher Beitrag wie häufig geklickt werden würde, war immer eine Überraschung. Bis heute ist ein Text über die Arbeitstechniken der jungen Restauratorin Lena Wissing auf das meiste Publikumsinteresse gestoßen. Viele Seitenaufrufe werden inzwischen von der Facebook-Präsenz auf die Blog-Seite gelenkt.

Ich danke den 10 Autoren, die unseren Blog gestaltet haben, auch dem anonymen Schreiber und Fotografen, der sich besonders häufig "Der Spieler" nannte. Dank euch allen wurde "Osnabrück, Emsland, die Welt" bunt, und dank euch haben wir jetzt schon mehr als 16.000 Klicks. Der Blog war und ist immer offen für neue Autoren, die sich und ihre Texte ausprobieren wollen.

Christian Schepsmeier

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