Freitag, 2. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 8: Mini



Mini Cooper. Das klingt nach was, da steckt was dahinter. Für viele ist das der Inbegriff des Kleinwagens. Oder auch die Definition von "Britishness".
Zum ersten Mal seit Beginn dieser Serie stammt das Auto zum Wochenende aus dem autoverrückten Großbritannien.

Steckt noch Mini drin: Das Original (Foto: NS)
Wie fängt man nun an, eine so bahnbrechende Erfindung, einen solchen Meilenstein der Automobilgeschichte zu behandeln?
Nun, gehen wir chronologisch vor und beginnen mit den Anfängen. Die liegen mittlerweile mehr als 50 Jahre zurück. Durch die Suezkrise und die damit einhergehende Benzinknappheit wurde im England der späten 1950er Jahre der Ruf nach einem kleinen, sparsamen Automobil laut. Die British Motor Corporation (BMC) stellte daraufhin im Jahre 1959 den Morris Mini Minor bzw den Austin Se7en vor. Entwickelt worden war das Fahrzeug von Sir Alec Issigonis, einem der größten technischen Genies seiner Zeit. Seine Idee war einfach, aber wegweisend: Um Platz zu sparen, drehte er den Motor um 90° und baute ihn quer statt längs ein, angetrieben wurden beim Mini die Vorderräder. Dadurch baute das Fahrzeug extrem kurz (etwa drei Meter), trotzdem blieb eine Menge Raum für die Insassen. Vier Personen fanden so bequem Platz in einem Auto, dass von außen zwar niedlich, aber nicht eben geräumig aussah. Dieses technische Prinzip machte Schule und wird quasi unverändert noch heute in fast jedem Kleinwagen genutzt.
Seine Kompaktheit brachte dem Mini aber noch mehr Vorteile ein: Durch das geringe Gewicht von nur etwa 700 kg genügte ein 850 ccm kleines Motörchen mit gerade einmal 34 PS für zügiges Vorankommen aus. Hinzu kam, dass jede Fahrt eine Menge Spaß bereitete. Dafür sorgten die direkte Lenkung, das straffe Fahrwerk und nicht zuletzt die winzigen Räder. Diese bauartbedingten Vorteile machte man sich auch im Rennsport zunutze. Insgesamt drei Mal konnten zum Rennwagen hochgezüchtete Mini Cooper S die Rallye Monte Carlo gewinnen!


Der Mini aus Mailand: das italienische Lizenzprodukt
 Innocenti Mini (Foto: NS)
Eine weitere Eigenschaft neben der schon genannten Sparsamkeit, dem Fahrspaß und der perfekten Raumausnutzung war die gebotene Abwechslung im Modellprogramm. Zunächst als Morris und Austin auf den Markt gebracht, hieß er im Laufe der Zeit unter anderem Leyland, Riley, Wolseley und Rover. Neben dem Einstiegs-Mini gab es später auch die stärkeren Modelle Cooper und Cooper S. Auf den kleinen Zweitürer folgten Kombivarianten namens Clubman Estate, Traveller und Countryman (teilweise sogar als "Woody" mit Holzverkleidung), ein Van, das Cabrio, ein Strandbuggy namens Mini Moke und sogar ein Pick-Up! Zudem gab es z.B. für einige Länder Lizenzbauten anderer Hersteller. In Italien war das die Societá Anonima Fratelli Innocenti, die den Mini von 1965 bis 1975 in Mailand fertigte. Die Innocenti-Version galt übrigens zeitlebens als "der bessere Mini", da ihr Innenraum schicker und besser verarbeitet war.

Der Ur-Mini wurde von 1959 bis 2000 in insgesamt sieben kleineren Evolutionsstufen etwa 5,3 Millionen mal verkauft. Die Kunden waren Hippies genauso wie die Reichen und Schönen, die den kleinen Briten als schicken Zweitwagen für den Stadtbetrieb nutzten. Das Schöne an zeitlosen Evergreens wie dem Mini ist, dass man ihn sich im London der 1960er Jahre genauso gut vorstellen kann wie im heutigen Großstadtdschungel. Die geniale Technik sowie die daraus folgende einmalige Form haben den Mini zu einer Stilikone gemacht. Stellt ihn euch doch mal im klassichen British Racing Green (Video: Top Gear - The history of british racing green) mit weißen Streifen auf der Haube und weißem Dach vor. Englischer geht's nimmer, sogar Mr. Bean  fuhr einen (wenn auch in anderer Farbkombination).

Soweit der fröhliche Teil der Mini-Geschichte. Ich versuche, den zweiten, deutlich düsteren Part so kurz wie eben möglich zu fassen.
In Zeiten des Retro-Designs werden gern alte Namen und Formen zitiert. Vor einigen Wochen nannte ich den Fiat 500 als gelungenes Beispiel. Weniger gelungen ist hingegen der VW New Beetle, der zwar heißt und aussieht wie die Ikone Käfer, aber eben deutlich größer, durstiger, unpraktischer und teurer ist als sein Idol. Der neue Beetle hat keinen Charakter, keine echte Stärke und ist dadurch nicht mehr als ein Fashion-Statement.
Steht nur noch Mini drauf: der neue Countryman (Foto: NS)
Doch es geht noch schlimmer. VW hat sich immerhin ein Modell der eigenen Firmengeschichte zum Vorbild genommen. Seit 2001 gibt es freilich auch einen neuen Mini. Doch von einem Hersteller, der absolut nicht das Geringste mit dem alten Mini zu tun hat. Wie kam es dazu?
Nun, BMW hatte 1994 Rover gekauft. Nach gescheiterten Versuchen, die dazugehörigen Marken wie MG, Rover oder auch Land Rover wieder aufzupeppeln und rentabel zu machen, entschloss man sich in München, sich von den Lasten wieder zu trennen. Mit der Ausnahme von Mini. Da zuletzt Rover den Mini baute, lagen die Namensrechte nun bei BMW. Man stellte daraufhin 2001 den New Mini vor, und zwar mit riesigem Medien- und Werbeaufwand. A propos riesig: Nichts, aber auch gar nichts ist bei dieser Neuauflage mini. Weder Preis (schon in der Basis 15.650 Euro, das teuerste Modell Countryman John Cooper Works kostet schon ohne die BMW-typisch immens teuren Extras 34.800 Euro) noch Ausmaße (mindestens 3,64m Länge) rechtfertigen den Modellnamen. Völlig ehrfurchtslos gegenüber dem Original: Den Neuen gibt es auch als fünftürigen Countryman mit Diesel und Allrad. Höchstens noch die sportliche Grundauslegung der zweitürigen Varianten haben entfernt mit dem alten Mini zu tun. Ansonsten hat der New Mini als Premium-Lifestlye-Produkt nichts mit dem alten gemein. Dennoch sieht man ihn an jeder Ecke: Er ist ein wirtschaftlicher Volltreffer für BMW. Ich wünschte, der neue Mini wäre gefloppt. Denn dann gäbe es nur einen Mini, an den man sich noch in Jahrzehnten erinnern wird. Und zwar den, der es verdient hat.


Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent


Siehe auch:

Das Auto zum Wochenende, Folge 7: Alfa Romeo Montreal
Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton
Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4




5 Kommentare:

  1. New Mini und New Beetle sind wahrlich mahnende Lifestyle-Schrott-Entwicklugen, die einzig dazu taugen, in ARD degeto Schmonzetten-Schnulzfilmen der blonden, Jura studierenden Filmtochter von Heino Ferch und Veronica Ferres als fahrender Untersatz zu dienen.

    Die zweite Beetle Generation von 2011 sieht schon deutlich besser aus, als ihr bräsiger Vorgänger, aber unter der Haube bleibt's ein sportliches Spaßauto und kein praktischer VOLKSwagen, wie es der Käfer war.

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Aber ein typisches ARD-degeto-Schmonzetten-Ehepaar wäre doch eher Heio von Stetten und Christine Neubauer. Heino Ferch und Veronika Ferres gehören doch schon eher in die Liga der ZDF-Historienfilme wie "Die Luftbrücke" oder "Der Tunnel" oder so.
      Aber das nur nebenbei und gehört hier wohl auch nicht richtig zum Thema...

      Löschen
  2. Was ich noch nicht verstehe, ist: warum lief der Mini manchmnal unter den Namen Leyland, Riley, Wolseley und Rover? Kannst Du mir das erklären?

    AntwortenLöschen
  3. Das wäre hier in der Kürze zu kompliziert. Das hängt aber im Grunde genommen damit zusammen, dass die British Motor Corporation (BMC), später dann British Leyland, aus verschiedensten Automarken bestand. Durch allerlei Fusionen wurde das zwischenzeitlich ganz schön unübersichtlich...
    Als Vergleichsmöglichkeit könnte man den VW-Konzern heutzutage wählen, der aus mittlerweile 8 Auto-, 3 Nutzfahreug- und einer Motorradmarke besteht. Und da gibt es zB auch einen Kleinwagen, der quasi baugleich bei VW Up!, bei Skoda Citiygo und bei Seat Mii heißt...

    AntwortenLöschen