Freitag, 30. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 12: Pontiac Firebird

Dritte Firebird-Generation mit Klappscheinwerfern
(Foto: NS)
Es gibt Entwicklungen, die können nur aus den Vereinigten Staaten kommen. Pony-Cars gehören zweifelsohne dazu. Pony-Cars (benannt nach dem "Pony" schlechthin - dem Ford Mustang) sind Autos mit simpelster Technik, viel Power und noch mehr Sound. Und das wiederum ist der Prototyp des automobilen Amerika. Dort können Menschen mit Begriffen wie "Kurve" oder "Kehre" nichts anfangen. Autofahren bedeutet zunächst einmal geradeaus auf Highways, Autorennen werden selten auf Rennstrecken wie in Europa ausgetragen, sondern meist entweder im monotonen Oval oder auf der sogenannten Quarter Mile (Viertelmeile). Da hierfür prinzipiell nur eine hohe Motorleistung nötig ist, waren Pony-Cars - oder Muscle Cars, wie sie später aufgrund des Wettstreits um immer mehr PS genannt wurden - sehr günstig. Billiges Plastik im Innenraum und der Verzicht auf eine Einzelradaufhängung machten es möglich.

Das Auto zum Wochenende ist einer der bekanntesten Vertreter seiner Gattung, trotzdem gerät er zuweilen in Vergessenheit. Das liegt daran, dass viele andere Modelle der Konkurrenz vor einigen Jahren neu aufgelegt wurden. Den Anfang machte - wie schon in den 1960er Jahren - der Ford Mustang. Dodge Challenger und Chevrolet Camaro folgten. Der Firebird hingegen hatte keine Chance auf Wiederbelebung, denn sein Hersteller Pontiac fiel 2010 endgültig der amerikanischen Autowirtschaftskrise bzw. dem respektlosen Umgang seiner Konzernmutter General Motors mit altehrwürdigen, verdienten Namen zum Opfer.

Der Firebird mit großer Heckscheibe und
verglastem Targa-Dach
Die auf den Bildern gezeigte dritte Modellgeneration ist ein Kind der 1980er Jahre. In dieser Zeit gab es erstmals das Topmodell Trans Am, das als K.I.T.T. David Hasselhoff in Knight Rider so manches Mal das Leben rettete und sich zwischenzeitlich sogar als guter und zuverlässiger Freund entpuppte. Wer so etwas auch sucht, kann sogar in Deutschland fündig werden. Es gibt auf mobile.de sogar Angebote unter 5.000 Euro. Dafür bekommt man seinen Trans Am eventuell in schwarz, ganz sicher aber ohne rotes Leuchtenband und eingebauten Freund für's Leben.

Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent

Siehe auch:
Das Auto zum Wochenende, Folge 11: Audi 60
Das Auto zum Wochenende, Folge 9: Lada Niva
Das Auto zum Wochenende, Folge 8: Mini
Das Auto zum Wochenende, Folge 7: Alfa Romeo Montreal
Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton
Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

Dienstag, 27. November 2012

Der Mittelweg - eine echte Alternative

Manchmal die beste Alternative:
Der Mittelweg (Foto: CS).
Es gibt Augenblicke, in denen muss man sich entscheiden: In welche Richtung will ich gehen? Wende ich mich in die eine Richtung, entscheide ich mich zugleich gegen die andere. In solchen Momenten - die wochen- und monatelang währen können - empfiehlt es sich bisweilen, statt der einen oder der anderen Richtung den beliebten Mittelweg einzuschlagen. Aber wie sieht es dort eigentlich aus?

Ost-Ende: Die Karl-Marx-Straße ist nicht mehr weit.

Der Mittelweg ist ein Straßenzug im Berliner Stadtteil Neukölln. Er liegt ziemlich in der Mitte, und ist auch nur so mittelbekannt. Er führt im Westen fast - aber nicht ganz -  zur vielbefahrenen Hermannstraße, und im Osten fast - aber nicht ganz - zur vielbefahrenen Karl-Marx-Straße. Zur Hermannstraße hin wird er eng und trägt Kopfsteinpflaster, zur Karl-Marx-Straße hin wird er breit und asphaltiert. Ende des 19. Jahrhunderts erhielt er seinen Namen - wegen seiner Lage.

Sie finden jede Nische: kreative Menschen.
Der Mittelweg ist eine erfreuliche Alternative zu allen Extremen: Autos fahren hier nur gelegentlich, aber ganz ausgestorben ist die Gegend auch nicht. Neukölln-typisch macht die Straße einen leicht heruntergekommenen Eindruck, und trotzdem haben sich selbst hier schon erste Hipster niedergelassen. Die Straße hat einen schwer fassbaren Charakter, sie lässt sich nicht leicht kategorisieren, kurzum: ein echter Mittelweg.

Der Wasserturm am Mittelweg.
Als Ausflugsziel ist der Weg zwischen den Extremen in jedem Fall zu empfehlen. Wer ihn von der Karl-Marx-Straße Richtung Hermannstraße durchläuft, kommt an einem Gebrauchtwagenhändler vorbei, durchquert einen Park, sieht eine Schule, blickt nach links auf einen Friedhof, nach rechts auf Wohnblocks, und stößt am Ende auf den schönen Wasserturm aus dem Jahr 1894. Was will man mehr?

Christian Schepsmeier




Sonntag, 25. November 2012

Freitag, 23. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 11: Audi 60

Audi im Jahr 2012 - das steht für Luxus, Qualität und Premiumanspruch. Das Image ist so gut wie bei kaum einem anderen Hersteller weltweit und die Kunden rennen den Händlern die Türen ein. Es gibt ein Rekordergebnis nach dem anderen.Was den heutigen Audi-Fahrern als selbstverständlich erscheinen mag, ist streng genommen eine recht junge Entwicklung.

Meilenstein der Audi-Geschichte: Der F103 (Foto: NS)
Die Erfolgsgeschichte begann, wie so oft im Volkswagen-Konzern, bei und mit Ferdinand Piech. Unter seiner Führung entwickelte Audi in den 1980er Jahren den mittlerweile legendären Quattro-Allradantrieb, der zunächst im Rallyesport durch die Erfolge von Walter Röhrl für Aufsehen sorgte und kurze Zeit später auch in den Straßenfahrzeugen verbaut wurde. Zunächst im Urquattro, später auch in den stärkeren Varianten der Modelle 80 und 100. Auch, wenn es vorher schon wenige Allradautos auf dem Markt gegeben hatte und andere Hersteller heute ähnlich gute Systeme verbauen, war es nun einmal Audi, das den ersten großen Schritt getan hat. Mit enormem Werbeaufwand (Video: die erste große Quattro-Werbung) vermarktete die Ingolstädter Marke diese technische Neuheit und verschaffte sich damit einen Imagegewinn, von dem sie noch heute zehren kann. Mit Piech als Vorstandsvorsitzendem kam darüber hinaus auch recht bald danach der Audi 100 mit dem ersten deutschen Dieseldirekteinspritzmotor TDI heraus, der deutlich zur weiteren Verbreitung von Dieseln in PKW beitrug.

Aber nun zurück in die Zeit, in der es um Audi noch nicht so gut bestellt war. 1910 in Zwickau gegründet, kam es zwischen den Weltkriegen zum Zusammenschluss mit DKW, Wanderer und der Luxusmarke Horch zur Auto Union. Die vier Ringe (stellvertretend für die vier Konzernmarken) im Kühlergrill aller Audi zeugen übrigens noch heute von dieser Zeit. Recht bald danach verschwand der Name Audi von der Autobühne und wurde erst 1968 von Volkswagen reaktiviert. Und zwar vom heutigen Auto der Woche.

Standesgemäß mit Wackeldackel auf der Hutablage (Foto: NS)
Zunächst hieß die intern F103 genannte Baureihe ganz schlicht nur Audi. Als dann aber die Modellvielfalt größer wurde, beschloss man, die Fahrzeuge nach ihrer Motorleistung 60, 72, 75 und Super 90 zu nennen. Beim Fahrzeug auf den Bildern handelt es sich um die mittlere Variante 75L, wobei das L für "Luxus" stand.
Im Gegensatz zum Vorgänger DKW F102 wurden moderne Viertaktmotoren verbaut. Diese stammten ganz nebenbei von Mercedes, da VW die Auto Union vom zwischenzeitlichen Eigner Daimler-Benz übernommen hatte. Bis 1972 wurde das Modell gebaut, dann wurde es vom ersten "echten" Audi 80 abgelöst.

So begann also Audis Siegeszug. Die Entwicklung, die diese Automarke innerhalb weniger Jahrzehnte genommen hat, beeindruckt. Insbesondere wenn man bedenkt, dass sie zwischenzeitlich völlig in der Versenkung verschwunden war. Mit dem Audi 60 als Geburtsstunde ist die Marke ganz oben angekommen: bei BMW und Mercedes-Benz. Jedoch, wenn man mich fragt, macht Audi den kapitalen Fehler, den BMW schon in den 1990er Jahren beging: Die Autos verlieren durch die sich immer mehr ähnelnden Baureihen an Charakter. Zwar erkennt man einen Audi auf den ersten Blick, aber die einzelnen Modelle sind von vielen Menschen schon lange nicht mehr zu unterscheiden. Das ist irgendwie langweilig. Aber Konformität scheint schon lange das zu sein, was Autokäufer anmacht. Oder wann hast du zuletzt einen neuen Audi gesehen, der nicht schwarz, silber oder weiß war?

Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent

Siehe auch:
Das Auto zum Wochenende, Folge 9: Lada Niva
Das Auto zum Wochenende, Folge 8: Mini
Das Auto zum Wochenende, Folge 7: Alfa Romeo Montreal
Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton
Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

Donnerstag, 22. November 2012

Licht in der Dunkelheit




Auf dem ehemaligen Flughafengelände in Berlin-Tempelhof sind derzeit zwei Lichtinstallationen des britischen Künstlers Robert Montgomery zu sehen. Echoes of Voices heißt die Ausstellung, die am 7. Juli vom Künstler eröffnet wurde und neben den beiden Installationen noch 20 weitere Plakate im gesamten Stadtgebiet umfasst. 

Zwei große Lichttafeln leuchten dem Vorbeieilenden in der Dunkelheit wie aus dem Nichts entgegen, rütteln ihn wach in diesen tristen Berliner Herbsttagen und lassen ihn stehen bleiben und kurz innehalten – trotz des Wetters und der Dunkelheit, die einen eigentlich nur zurück nach Hause ziehen. Mitten im Dunkeln, am vielbefahrenen und dennoch irgendwie abgelegenen Columbiadamm strahlen die beiden Tafeln wie Leuchtreklame. Der Vorbeieilende fühlt sich seltsam, aber nicht unangenehm berührt, und fragt sich: Reklame - wofür eigentlich?

Entgegen anderslautender Ankündigungen ist die temporäre Ausstellung noch immer zu sehen. Wer weiß wie lange noch. Alles ist vergänglich, lipstick traces...


Anne, Berlin-Korrespondentin 

Montag, 19. November 2012

Piraten rauben Slogans

Sollen schon ab heute Abend hängen (Foto: CS).
Zwei Monate vor der Landtagswahl in Niedersachsen will die Piratenpartei vielerorts aus den schlechten Schlagzeilen herauskommen. Zu oft hat es in den letzten Monaten geheißen: "Piraten erleiden Schiffbruch", oder sogar: "Piraten versenken sich selbst". Heute haben die niedersächsischen Piraten im Kulturzentrum Faust in Hannover ihr Programm für die Landtagswahl vorgestellt. Damit will sie wieder positive Akzente setzen. Am 20. Januar sollen schließlich mehr als nur die drei Prozent der Wähler die Piraten wählen, die sie in der letzten Umfrage genannt haben.

Piraten unter sich.
Aufmerksamkeit sollen die Wahlplakate erregen. Sie spielen - nicht sehr subtil - mit bekannten Werbekampagnen. In Anlehnung an einen bekannten Schokolade-Produzenten heißt es etwa: "Piraten. Die zarteste Versuchung seit es Parteien gibt". Der Möbelkonzern Ikea, der ebenfalls auf einem Plakat parodiert wird, hat bereits angekündigt, sich zu beschweren. Schon ab heute Abend wollen die Piraten plakatieren - früher als die anderen Parteien in Niedersachsen.

Interessant war heute auch die Begegnung der beiden Bundes-Piraten Bernd Schlömer und Johannes Ponader zu beobachten. Nach einem unterschwellig ausgetragenen Konflikt saßen beide als Gäste ihrer niedersächsischen Kollegen nebeneinander, sprachen aber kaum mit einander. Bezeichnend war, wie Schlömer den anderen nannte: "Mein Kollege Johannes". Nicht etwa: "mein Freund".

Christian Schepsmeier

Sonntag, 18. November 2012

Freitag, 16. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 10: Jubiläumsausgabe zum Thema Autodesign

10 Wochen ist sie nun schon alt, die kleine, bescheidene Rubrik "Das Auto zum Wochenende". Zu diesem Anlass erschien es mir sinnvoll, einmal in meinem Fundus zu graben und Bildmaterial zu zeigen, das ich in den letzten Wochen und Monaten zusammengetragen habe. Das Hauptaugenmerk soll dabei auf außergewöhnlichem Automobildesign liegen. Viel Spaß beim Stöbern!


Das passiert wohl, wenn Frau ihre Knutschkugel noch
ein klein wenig süßer und schnuckeliger machen will.

Wunderschönes Chromwerk an einem Alfa Romeo Giulia Spider

So sahen Kleinwagen Ende der 20er Jahre aus: BMW DIXI
Italienischer geht es nicht: Alfa-Schlange, Italien-Emblem, Mille Miglia-Aufkleber und Spaltmaße wie breite Schluchten.

Sidepipes an einer Cobra: Da sieht man schon, dass es laut wird!


Traumhafter Türgriff des Fiat Barchetta


Die Kiemen eines Alfa Romeo Montreal
Sowas gab es früher auch schon, da durfte man
allerdings noch selber suchen.


Anders sein um jeden Preis: Übertrieben verspielte
Rückleuchten am Lancia Ypsilon.



Beschränkt auf das Nötigste: Das Armaturenbrett eines Vorkriegsklassikers


Willkommene Abwechslung im Straßenbild: Army-Jeep.

Könnte schon 60 Jahre alt sein, ist er aber nicht: Morgan Plus 8 aus 2003.

Eine "Ratte", wie sie im Buche steht: VW Kübelwagen mit viiiieeeel Patina.

3 Räder mussten beim Morgan Threewheeler ausreichen.


Spoiler, wohin man schaut, dickes Rohr, Tribals, tiefer, härter, Opel-Teufel:
Und da soll man dann Angst bekommen, oder wie?

Ein Iso Grifo, eines der schönsten Autos, die ich in
 diesem Jahr bislang vor die Linse bekam.

Und das hier ist eines der irrsten: Ein Cord 810.

Schaltwippen, etliche Knöpfe am Lenkrad (incl. der Blinker!) und
ansonsten viel Unförmiges: Ferrari 458 Spider von innen

Das waren die Ami-Schlitten der 50er Jahre: Heckflossen-Monster!




Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent
Siehe auch:


Donnerstag, 15. November 2012

Bedienungsanleitung zur Brotentnahme

Frisch gebackenes Brot - den ganzen Tag! (Foto: TT)
Da einige Kunden wohl Probleme mit der Bedienung eines Brotregals haben, hat Lidl jetzt reagiert und eine leicht verständliche Anleitung bereitgestellt, in der die relevanten Schritte kurz erläutert werden.







1. Nimm eine Brottüte.

2. Öffne die Glastür bei dem Brot oder Kuchen, den du kaufen möchtest.

3. Benutze Zange oder Handschuh, um deine Brote oder Kuchen zu nehmen.

4. Leg deine Brote oder Kuchen in die Brottüte.

Ich muss zugeben, wenn man sich nicht verflixt konzentriert, vergisst man schon mal einen Zwischenschritt, greift gegen das Glas, öffnet eine falsche Tür oder lässt das Brot in der Luft fallen, weil man keine Tüte drunter gehalten hat, etc etc...



Thomas Trilken, Dänemark-
Korrespondent

Freitag, 9. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 9: Lada Niva

Bordcomputer? Nein. Tempomat? Fehlanzeige. Airbag? Niemals.
Wer auf jeglichen Komfort oder gar Luxus verzichten kann, der greift seit Jahrzehnten zum Lada Niva. Er ist leicht und kurz und hat 22 Zentimeter Bodenfreiheit. All dies macht ihn zu einem äußerst geländegängigen Burschen. Hinzu kommt sein robuster Vierzylinder-Benzinmotor mit aktuell 83 PS, der die rostanfällige Karosserie oftmals überlebt. Da es praktisch keine Sicherheitsausstattung im Niva gibt, dient der naturgemäß schwache Antritt (0-100 km/h theoretisch in 22 Sekunden, aber praktisch nie erreicht) als serienmäßiger Garant dafür, dass es zumindest nicht wegen überhöhter Geschwindigkeit zu Unfällen kommt. Angebracht scheinen eher 80 km/h, alles darüber ist schon ob des erhöhten Lautstärkepegels kaum erträglich.


Lada Niva, dahinter der Klassiker Lada Samara
(Foto: NS)
 

Wenn man also mit den Ansprüchen an dieses Fahrzeug herangeht, die man an ein modernes Auto stellen würde, schreckt man schockiert zurück und sieht sich schnell woanders um. Man muss es stattdessen als das verstehen und respektieren, was es ist: Ein Oldtimer, dessen Produktionsstopp wohl irgendwie vergessen wurde. Um den Niva zu lieben, sollte man darüber hinaus selten auf öffentlichen Straßen und fast ausschließlich im rauen Gelände unterwegs sein. Bei Förstern ist er deshalb schon lange beliebt. So bietet der deutsche Importeur sogar einen Riffelblech- Hundetrittschutz und einen Gewehrhalter als aufpreispflichtige Extras an. Die starke Heizung zur Gewährleistung der Wintertauglichkeit ist hingegen schon im Preis inbegriffen. A propos Preis: Schon offiziell kostet so ein neuer alter Niva unter 10.000 Euro, mittlerweile gehört dafür immerhin ABS zum Serienumfang. Dieser für einen solch sympathisch-unverwüstlichen Geländewagen utopisch anmutende Tarif sorgt dafür, dass es stets billigen Nachschub aus Russland gibt. Bedeutet: Niva werden bis zum bitteren Ende gefahren und dann durch einen neuen ersetzt. Das ist auch der Grund, warum es heute so gut wie keine Modelle der ersten Stunde mehr gibt. Schon seit einigen Jahren könnten sehr frühe Fahrzeuge aus den 1970er Jahren hierzulande als Oldtimer angemeldet werden. Es gibt sie aber schlicht nicht. Stattdessen tummeln sich auf dem Gebrauchtwagenmarkt hauptsächlich Niva ab den 1990er Jahren.

Denkt man ernsthaft darüber nach, so ist es erstaunlich, dass sich in Mitteleuropa ein Auto 30 Jahre nach seiner Vorstellung optisch wie technisch so gut wie unverändert noch als Neuwagen verkaufen lässt. Als neues Modell war der Niva damals recht modern mit seinen Scheibenbremsen vorn und der Einzelradaufhängung. Davor hatte Lada nie ein eigenes Produkt im Markenportfolio gehabt, sondern ausschließlich veraltete Fiat-Modelle, die man dezent modifiziert auf den russischen Markt warf.

Nagelneu und trotzdem lange veraltet: Lada Kalina
 Kombi (Foto: NS)
 
Besonders der liebenswerte Niva entwickelte sich im Laufe seiner Bauzeit zu einem populären Kultmobil. Er war z.B. auch für die DDR interessant, wenn auch nicht so leicht zu bekommen. Außer dem kleinen Offroad-Kraxler hat es kein Lada-Modell dauerhaft in die Herzen eines größeren Publikums geschafft. Auch nicht der kompakte Samara, das zweitbekannteste Automobil des russischen Herstellers. In Bielefeld gibt es einen der letzten übriggebliebenen Lada-Händler in Westdeutschland. Schlenderte ich nicht ab und an etwas wehmütig daran vorbei, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, ausgerechnet über diese Marke zu schreiben. Lada ist in Vergessenheit geraten, nur noch in Osteuropa lässt sich die altbacken anmutende Modellpalette (mit Ausnahme des Niva) noch an den Mann oder die furchtlose Frau bringen. Hierzulande ist die Billig-Konkurrenz aus Südkorea und China, aber im Speziellen auch von der Renault-Tochter Dacia aus Rumänien zu groß geworden. Diese Hersteller locken auch mit kleinen Preisen - im Gegensatz zu Lada aber nicht auf Kosten der Sicherheit.


Wie lange der wiederum konkurrenzlose Niva in seiner zeitlosen Form noch zu haben sein wird, steht in den Sternen. Hoffentlich bleibt er uns noch eine Weile erhalten. Die Fangemeinde ist jedenfalls groß genug: Waidmanns Heil!


Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent

Siehe auch:

Das Auto zum Wochenende, Folge 8: Mini
Das Auto zum Wochenende, Folge 7: Alfa Romeo Montreal
Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton
Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

Mittwoch, 7. November 2012

Turnvater Jahn sieht irgendwie anders aus als sonst

Der Turnvater schaut gar traurig (Foto: CS).
Friedrich Ludwig "Turnvater" Jahn ist auch 160 Jahre nach seinem Tod eine umstrittene Persönlichkeit. Der Begründer der Turnbewegung und profilierte Nationalist wird von manchen verehrt, von manchen verachtet. Einige schwelgen so gern in seinem Andenken, dass sie die Jahn-Statuen im Land immer wieder neu zum Glänzen bringen wollen. Andere würden die Standbilder am liebsten aus der Erde rupfen, und auch alle Jahnstraßen abschaffen oder doch zumindest umbenennen.

Auf die Gedenksteine wurde gesprüht:
"Turn off: Nationalismus" (Foto: CS).
An einem der Haupt-Wirkungsorte Jahns - es geht um die Berliner Hasenheide - sind beide Seiten erneut aufeinandergeprallt. Auf dem Gelände der Hasenheide, die heute ein beliebter Drogenumschlagplatz ist, hat Jahn Anfang des 19. Jahrhunderts mit jungen Männern Turnübungen veranstaltet und ihnen seine Ansichten zur deutschen Nation präsentiert. Grund genug für die vielen Turnerschaften im In- und Ausland, zwanzig Jahre nach Jahns Tod ein Denkmal für Jahn an eben diesem Orte einzuweihen.

Ende Oktober ist nun folgendes geschehen: Unbekannte haben dem Jahn einen mit Bauschaum oder einer ähnlichen Masse gefüllten Gummi-Ball aufgesetzt. Das klebrige Zeug läuft am Standbild herunter. Und ein trauriger Smiley blickt auf jeden Jahn-Pilger hinab, der sich das Denkmal anschauen will. Einziger Trost für Turner: Solche Bälle werden gern für Turnübungen verwendet. Weitere Informationen zur Aktion hat offenbar auch die Internetseite indymedia.org.

Christian Schepsmeier

Montag, 5. November 2012

Die bunte Welt der Kleinanzeigen, Folge 2: Einladung zum bewaffneten Kampf auf See

"Mitarbeiter" in bewaffneten Teams gesucht (Foto: CS).
In der Kindheit träumen viele davon, als Piraten über die Weltmeere zu segeln, Abenteuer zu erleben, Schweine über dem Lagerfeuer zu grillen, Piratenbräute im Arm zu haben. Im späteren Leben stellt sich dann häufig heraus: Das ist kein Ausbildungsberuf, und fast nie wird in Stellenanzeigen nach Piraten gesucht.

Die hier abgebildete Einladung in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 3. November zeigt allerdings einen Weg, Piraten zumindest zu begegnen. Für die "maritime Gefahrenabwehr (Anti-Piraterie)" sucht die Hamburger Niederlassung der Internationalen Bodyguard- & Sicherheitsagentur sogenannte "Mitarbeiter".

Sie wollen Teil eines "bewaffneten Schutzteams" sein? Sie sind sozial ungebunden und seediensttauglich? Dann nichts wie an Bord! Im ersten Quartal 2013 sind noch Plätze frei. Von Schweinen überm Lagerfeuer und Piratenbräuten ist in der Anzeige allerdings nicht die Rede.

Christian Schepsmeier


Siehe auch:
Die bunte Welt der Kleinanzeigen, Folge 1: Insel zu verkaufen

Freitag, 2. November 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 8: Mini



Mini Cooper. Das klingt nach was, da steckt was dahinter. Für viele ist das der Inbegriff des Kleinwagens. Oder auch die Definition von "Britishness".
Zum ersten Mal seit Beginn dieser Serie stammt das Auto zum Wochenende aus dem autoverrückten Großbritannien.

Steckt noch Mini drin: Das Original (Foto: NS)
Wie fängt man nun an, eine so bahnbrechende Erfindung, einen solchen Meilenstein der Automobilgeschichte zu behandeln?
Nun, gehen wir chronologisch vor und beginnen mit den Anfängen. Die liegen mittlerweile mehr als 50 Jahre zurück. Durch die Suezkrise und die damit einhergehende Benzinknappheit wurde im England der späten 1950er Jahre der Ruf nach einem kleinen, sparsamen Automobil laut. Die British Motor Corporation (BMC) stellte daraufhin im Jahre 1959 den Morris Mini Minor bzw den Austin Se7en vor. Entwickelt worden war das Fahrzeug von Sir Alec Issigonis, einem der größten technischen Genies seiner Zeit. Seine Idee war einfach, aber wegweisend: Um Platz zu sparen, drehte er den Motor um 90° und baute ihn quer statt längs ein, angetrieben wurden beim Mini die Vorderräder. Dadurch baute das Fahrzeug extrem kurz (etwa drei Meter), trotzdem blieb eine Menge Raum für die Insassen. Vier Personen fanden so bequem Platz in einem Auto, dass von außen zwar niedlich, aber nicht eben geräumig aussah. Dieses technische Prinzip machte Schule und wird quasi unverändert noch heute in fast jedem Kleinwagen genutzt.
Seine Kompaktheit brachte dem Mini aber noch mehr Vorteile ein: Durch das geringe Gewicht von nur etwa 700 kg genügte ein 850 ccm kleines Motörchen mit gerade einmal 34 PS für zügiges Vorankommen aus. Hinzu kam, dass jede Fahrt eine Menge Spaß bereitete. Dafür sorgten die direkte Lenkung, das straffe Fahrwerk und nicht zuletzt die winzigen Räder. Diese bauartbedingten Vorteile machte man sich auch im Rennsport zunutze. Insgesamt drei Mal konnten zum Rennwagen hochgezüchtete Mini Cooper S die Rallye Monte Carlo gewinnen!


Der Mini aus Mailand: das italienische Lizenzprodukt
 Innocenti Mini (Foto: NS)
Eine weitere Eigenschaft neben der schon genannten Sparsamkeit, dem Fahrspaß und der perfekten Raumausnutzung war die gebotene Abwechslung im Modellprogramm. Zunächst als Morris und Austin auf den Markt gebracht, hieß er im Laufe der Zeit unter anderem Leyland, Riley, Wolseley und Rover. Neben dem Einstiegs-Mini gab es später auch die stärkeren Modelle Cooper und Cooper S. Auf den kleinen Zweitürer folgten Kombivarianten namens Clubman Estate, Traveller und Countryman (teilweise sogar als "Woody" mit Holzverkleidung), ein Van, das Cabrio, ein Strandbuggy namens Mini Moke und sogar ein Pick-Up! Zudem gab es z.B. für einige Länder Lizenzbauten anderer Hersteller. In Italien war das die Societá Anonima Fratelli Innocenti, die den Mini von 1965 bis 1975 in Mailand fertigte. Die Innocenti-Version galt übrigens zeitlebens als "der bessere Mini", da ihr Innenraum schicker und besser verarbeitet war.

Der Ur-Mini wurde von 1959 bis 2000 in insgesamt sieben kleineren Evolutionsstufen etwa 5,3 Millionen mal verkauft. Die Kunden waren Hippies genauso wie die Reichen und Schönen, die den kleinen Briten als schicken Zweitwagen für den Stadtbetrieb nutzten. Das Schöne an zeitlosen Evergreens wie dem Mini ist, dass man ihn sich im London der 1960er Jahre genauso gut vorstellen kann wie im heutigen Großstadtdschungel. Die geniale Technik sowie die daraus folgende einmalige Form haben den Mini zu einer Stilikone gemacht. Stellt ihn euch doch mal im klassichen British Racing Green (Video: Top Gear - The history of british racing green) mit weißen Streifen auf der Haube und weißem Dach vor. Englischer geht's nimmer, sogar Mr. Bean  fuhr einen (wenn auch in anderer Farbkombination).

Soweit der fröhliche Teil der Mini-Geschichte. Ich versuche, den zweiten, deutlich düsteren Part so kurz wie eben möglich zu fassen.
In Zeiten des Retro-Designs werden gern alte Namen und Formen zitiert. Vor einigen Wochen nannte ich den Fiat 500 als gelungenes Beispiel. Weniger gelungen ist hingegen der VW New Beetle, der zwar heißt und aussieht wie die Ikone Käfer, aber eben deutlich größer, durstiger, unpraktischer und teurer ist als sein Idol. Der neue Beetle hat keinen Charakter, keine echte Stärke und ist dadurch nicht mehr als ein Fashion-Statement.
Steht nur noch Mini drauf: der neue Countryman (Foto: NS)
Doch es geht noch schlimmer. VW hat sich immerhin ein Modell der eigenen Firmengeschichte zum Vorbild genommen. Seit 2001 gibt es freilich auch einen neuen Mini. Doch von einem Hersteller, der absolut nicht das Geringste mit dem alten Mini zu tun hat. Wie kam es dazu?
Nun, BMW hatte 1994 Rover gekauft. Nach gescheiterten Versuchen, die dazugehörigen Marken wie MG, Rover oder auch Land Rover wieder aufzupeppeln und rentabel zu machen, entschloss man sich in München, sich von den Lasten wieder zu trennen. Mit der Ausnahme von Mini. Da zuletzt Rover den Mini baute, lagen die Namensrechte nun bei BMW. Man stellte daraufhin 2001 den New Mini vor, und zwar mit riesigem Medien- und Werbeaufwand. A propos riesig: Nichts, aber auch gar nichts ist bei dieser Neuauflage mini. Weder Preis (schon in der Basis 15.650 Euro, das teuerste Modell Countryman John Cooper Works kostet schon ohne die BMW-typisch immens teuren Extras 34.800 Euro) noch Ausmaße (mindestens 3,64m Länge) rechtfertigen den Modellnamen. Völlig ehrfurchtslos gegenüber dem Original: Den Neuen gibt es auch als fünftürigen Countryman mit Diesel und Allrad. Höchstens noch die sportliche Grundauslegung der zweitürigen Varianten haben entfernt mit dem alten Mini zu tun. Ansonsten hat der New Mini als Premium-Lifestlye-Produkt nichts mit dem alten gemein. Dennoch sieht man ihn an jeder Ecke: Er ist ein wirtschaftlicher Volltreffer für BMW. Ich wünschte, der neue Mini wäre gefloppt. Denn dann gäbe es nur einen Mini, an den man sich noch in Jahrzehnten erinnern wird. Und zwar den, der es verdient hat.


Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent


Siehe auch:

Das Auto zum Wochenende, Folge 7: Alfa Romeo Montreal
Das Auto zum Wochenende, Folge 6: VW Phaeton
Das Auto zum Wochenende, Folge 5: Citroen DS
Das Auto zum Wochenende, Folge 4: Mazda MX-5
Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4