Samstag, 29. September 2012

Haupteingang Universität (Bielefeld)

Themenfoto (CS).
Das Bild links wäre ein passendes Themenfoto für jeden Text, der sich mit dem Zusammenhang zwischen empfangener Bildung und Stellung in der Gesellschaft beschäftigt.

Wer die Universität besucht, tritt schließlich durch den Haupteingang in die Gesellschaft, und hat es leichter, zu ihren Schalthebeln zu finden - "Haupteingang Universität" eben. Messbar ist das vor allem im Lohnniveau.

Möglicherweise wäre "Haupteingang Elternhaus" noch treffender, aber das ist wohl selten als Hinweisschild zu finden. Die Kamera blickte zu der Zeit, als das Foto entstanden ist, von einem Parkhaus auf die Uni Bielefeld.

Christian Schepsmeier 

Freitag, 28. September 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 3: BMW X6


Es gibt Autos in allen Größen, allen Farben und für alle Geschmäcker: Vans für Familien, Kleinwagen für die City, Geländewagen fürs Grobe, Sportwagen für den Spaß, Cabrios für den Sommer, Kombis für den großen Einkauf, Luxuslimousinen für wohlhabende Menschen, die sich darin chauffieren lassen. Seit einiger Zeit aber verspüren die großen Automobilhersteller anscheinend das Bedürfnis, jede noch so kleine Nische mit neuen Modellen zu füllen, deren Sinn nicht auf den ersten Blick deutlich wird.
Pottwal auf vier Rädern (Foto: NS)
Ein bezeichnendes Beispiel für diesen Trend ist der BMW X6.  Er basiert auf dem riesigen SUV (Sport Utility Vehicle) X5, bietet aber weniger Raum und Platz und kostet einige Tausend Euro mehr. Die Begründung dafür ist laut BMW das coupéhafte Dach, das dem Wagen ein sportlicheres Profil geben soll und ihn so zum selbsternannten Sport Activity Vehicle (SAV) macht. Der große Nachteil: Durch die nach hinten hin stark abfallende Dachlinie bleibt den Insassen auf den Rücksitzen deutlich weniger Kopffreiheit. Große Menschen müssen sich in diesem Auto also den Rücken krumm machen. Hinzu kommt die schlechte Übersichtlichkeit durch die schmale Heckscheibe. Das macht den X6 wesentlich unpraktischer als, sagen wir, seinen Bruder X5. Und selbst dessen Daseinsberechtigung mag sich einigen Leuten nicht erschließen. In schweres Gelände kann man mit solchen Fahrzeugen nämlich keinesfalls vordringen - auch wenn sie so aussehen. Zwar haben diese Autos viel Bodenfreiheit und natürlich auch ein Allradsystem an Bord. Ehrliche und echte Geländetechnik gibt es aber nur bei der Mercedes G-Klasse und bei Land Rover sowie einigen Amerikanern. Wenn es aber einzig und allein um die Größe geht, könnte man in einem großen Kombi genauso viele Personen und ebenso viel Gepäck verstauen. So langsam gehen einem dann die Argumente für solche Autos aus. Sie sind schwerer (je nach Motorisierung bis zu 2,5 Tonnen Leergewicht), verbrauchen unverhältnismäßig viel und sind allein ob ihrer schieren Masse ein potenzielles Sicherheitsrisiko für alle anderen Verkehrsteilnehmer.


Soll ein Sportwagen sein: BMW X6 (Foto: NS)

Vielleicht geht es aber einigen Käufern auch um die hohe Sitzposition. Viele ältere Fahrer fühlen sich damit sicherer und schätzen die gute Übersichtlichkeit. Warum aber sieht man dann fast ausschließlich verhältnismäßig junge X6- Fahrer (viele davon weiblich) in deutschen Großstädten umherfahren, wo sie natürlich keinen Parkplatz finden, weil ihr Fahrzeug von den Maßen her nicht mehr viel mit einem modernen Automobil zu tun hat? Der X6 ist zwar das am wenigsten verkaufte BMW-Modell, trotzdem können sich die Verkaufszahlen sehen lassen, und das, obwohl die meisten Kunden sicher mehr als 80.000 Euro, einige sogar mehr als 140.000 Euro (für das Topmodell mit einigen Extras) gezahlt haben.
Da stellt sich mir und hoffentlich auch noch anderen doch die Frage: Wer macht so etwas? Angeber, die meinen, sich und anderen etwas beweisen zu müssen? Vielleicht aber auch Menschen, die so viel Geld zur Verfügung haben, dass sie damit einfach nicht mehr verantwortungsvoll umgehen können? Und nicht entscheiden können, welche Investition lohnenswert ist und welche einfach nur Überfluss? Leute, die uns durch ihren fahrlässigen Umgang mit Werten in die Wirtschaftskrise bugsiert haben? Jede weitere Äußerung würde zu weit führen, deshalb breche ich an dieser Stelle ab. Für’s nächste Mal vielleicht doch besser wieder ein cooles, sympathisches Auto zum Wochenende…

Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent


Siehe auch:
Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

Donnerstag, 27. September 2012

Drinks, Folge 2: Moscow Mule

Moscow Mule mit Ginger Beer   (Foto: LME)
Die heutige zweite Folge der Serie „Drinks“ widmet sich dem Moscow Mule. Dieser einfache Cocktail ist wegen seines außergewöhnlichen Geschmacks mein persönlicher Lieblingsdrink. Die Kombination aus herber Schärfe und einer erfrischend, fruchtigen Note macht ihn so einzigartig. Gerade für laue Sommerabende im Freien ist der Moscow Mule der perfekte Drink. Aber auch in kälteren Nächten, wenn Erfrischung vielleicht nicht mehr so wichtig ist, ist er nur zu empfehlen. Schließlich ist im Moscow Mule auch Ingwer - der enthält viel Vitamin C und ist gut gegen Erkältung.

Der Moscow Mule ist ein klassischer Highball-Cocktail, was bedeutet, dass er im Wesentlichen aus zwei Zutaten besteht, und zwar aus einer alkoholischen und einer nicht-alkoholischen, meist kohlensäurehaltigen Komponente. Im Falle des Moscow Mule handelt es sich um Wodka und Ginger Beer (nicht zu verwechseln mit Ginger Ale); hinzu kommt noch Eis und etwas Limettensaft. 

In dieser Mixtur gehörte der Moscow Mule in den vierziger und fünfziger Jahren zu den beliebtesten Cocktails in den USA. Der Drink trug erheblich zur wachsenden Beliebtheit des bis dahin in Amerika noch recht unbeachteten Getränks Wodka bei (der fristete ein Schattendasein, obwohl man in Werbekampagnen unter anderem mit Stolz auf die fehlende Fahne nach ausgiebigem Wodka-Konsum verwies). 

Nachdem er lange Zeit von den Getränkekarten der Welt verschwunden war, gehört der Moscow Mule inzwischen wieder zum Standardrepertoire vieler Kneipen. Manchmal wird er allerdings wegen fehlenden Ginger Beers mit Ginger Ale serviert. Das schmeckt zwar auch, aber der scharf-würzige Geschmack des Ginger Beers fehlt doch irgendwie. Dieser macht den Moscow Mule letztlich auch aus.

In der kleinen Spelunke in der Berliner Weserstraße, in der unser Foto aufgenommen wurde, war Ginger Beer zum Glück vorhanden und wurde zum Auffüllen des Glases in einer Extra-Flasche serviert (siehe Foto). Häufig (in Berlin habe ich es noch nicht anders erlebt) werden einige Scheiben Salatgurke mit ins Glas getan für einen zusätzlich frischen Geschmack. Offiziell soll der Drink dann zwar Munich Mule heißen, in Berliner Kneipen hat sich aber auch für die Version mit Gurke der Name Moscow Mule gehalten. Ob das am „Munich“ im Namen liegt, lasse ich jetzt mal dahin gestellt.


Zutaten:
Wodka
Ginger Beer
Limettensaft
Salatgurkenscheiben 


Anne, Berlin-Korrespondentin


Siehe auch: 

Mittwoch, 26. September 2012

Der kleine Kneipentest, Folge 1: Das "Neue Wege"

2,60 € für das 0,4 Bier (Foto: CS).
Für die erste Folge der neuen Serie "Der kleine Kneipentest" habe ich das "Neue Wege" im Osnabrücker Stadtteil Wüste besucht. Es wurde erst vor wenigen Wochen in der Kokschen Straße eröffnet. Der Name suggeriert zunächst einen radikalen Bruch mit der Vergangenheit der Gaststätte - allerdings hat der neue Betreiber, wie sich herausstellt, einen großen Teil der Ausstattung von seinem Vorgänger übernommen. Das Ambiente bleibt rustikal.

Schweigende Freude (Foto: CS).
Das "Neue Wege" hat einen Sky-Anschluss und zeigt Fußballspiele. Diese Eigenschaft mag für manchen Kneipengänger unserer Tage eines der entscheidenden Kriterien für die Wahl des Lokals sein. Aber ohne einen freundlichen Wirt und eine gute Atmosphäre ist doch alles nichts. Beides ist im "Neue Wege" zum Glück gegeben. Vor allem auf den Barhockern direkt an der Theke fühlt man sich aufgehoben.


Stilleben mit Würstchen (Foto: CS).
Zigaretten sind gern gesehene Gäste, und keinen stört es, wenn jemand während des Rauchens isst. Die Speisekarte ist schlicht: Es gibt Bockwürstchen, Salzstangen und Schokoriegel. Loser Tabak und Zigaretten sind ebenfalls immer im Angebot. Die Getränkekarte weist neben Bier (2,60 € für 0,4 Liter) vor allem Schnaps auf, es gibt freilich auch unalkoholische Getränke. An der Wand hängen zwei Spielautomaten.

Licht in der Nacht (Foto: CS).
Negativ aufgefallen sind nur rassistische Äußerungen eines einzelnen Gastes beim Fußballgucken, aber dafür kann Wirt Ahmet nichts. Man darf hoffen, dass dieser Gast in der Minderheit bleibt. Insgesamt macht der Laden einen guten Eindruck. Das Bier ist gut gezapft, und der Wirt ist freundlich, aber nicht zudringlich. Nur wer mit mehr als 10 Personen unterwegs ist, sollte gar nicht erst eintreten: Für solche Gruppen ist der Laden zu klein.

Fazit: Ich komme gerne wieder!

Christian Schepsmeier

Montag, 24. September 2012

Schöngeistige Anspielung auf profaner Baustelle

Eine Möwe (Foto: Der Spieler).
Die igk Ingenieurgemeinschaft Krabbe in Osnabrück hat ein schönes Motiv für ein Baustellenplakat gewählt: eine Möwe im hellblauen Himmel - für mich ein Zeichen für Freiheit im Spiel mit den Elementen. Man könnte freilich auch an Freiheit der Kundenwünsche denken, wie die Krabbe-Website suggeriert, oder an den freien Blick des Kranführers. Der Wahlspruch der Firma zeugt in jedem Fall von großen Ansprüchen: "Wir realisieren Visionen".

"Wir realisieren Visionen".

Tatsächlich gibt es ein heute nicht mehr ganz so bekanntes "literarisches" Motiv, das meiner Meinung nach hinter der Abbildung stecken muss: Jonathan Livingston Seagull (deutsch: "Die Möwe Jonathan"), die Möwe aus dem gleichnamigen Buch von Richard Bach (1970), vertont von Neil Diamond (1973) und verfilmt von Hall Bartlett (1973).
Das Vorbild?

Darin geht es um eine Möwe, die - ähnlich wie ein Zen-Mönch - die Kunst des Fliegens bis zur Perfektion und ins Möwen-Nirvana betreibt. Das Buch war riesig erfolgreich: Man muss es auch, so denke ich, gelesen haben.

Hat sich ebenfalls inspirieren lassen:
Neil Diamond.
Bei einer so schöngeistigen Anspielung vonseiten der Firma Krabbe bin ich jetzt aber richtig gespannt, was da für ein visionäres Einkaufszentrum gebaut wird! Sollen etwa alte Muster zerbrochen werden, so wie die Möwe Jonathan Livingston Seagull es tat?


Der Spieler

Samstag, 22. September 2012

Insekten, Folge 6: Der Waldmistkäfer

aufgehobener Käfer  (Foto: TT)
Auch auf die Gefahr hin, dass die Insektenserie etwas käferlastig geworden ist, soll diese Folge ebenfalls solch einen gepanzerten Kollegen vorstellen.

Der knapp 20 mm große Waldmistkäfer (Anoplotrupes stercorosus) ist, wie sein Name schon andeutet, der Müllmann des Waldes. Bei seinen Aufräumarbeiten bevorzugt er meist den Buchenwald.
Dort ist er auf der Suche nach all jenem, was Waldbewohner so ausscheiden und gehört damit zu der Gruppe der bekennenden Allokoprophagen. Wie der bereits vorgestellte Totengräber, ist auch der Waldmistkäfer für Aas zu begeistern, hat aber auch an Pilzen und faulenden Pflanzen durchaus seine Freude.
Die erbeutete Nahrung schleppt er in seinen 70-80 cm tiefen Stollen, dessen Pflege vom Waldmistkäferweibchen übernommen wird.
Krabbeln im Sand (Foto: TT)

Da er im Wald nicht gerade selten anzutreffen ist, manchmal dutzendfach über Wege spaziert (dabei allerdings auch zuweilen einen zertretenen Eindruck macht) und sein metallisch-dunkelblauer Panzer auffallend schimmert (auch von unten), werden ihn die meisten sicher schon einmal getroffen haben.
Hebt man den mürrischen Zeitgenossen auf und hält ihn sich ans Ohr, wird er einem dies mit einem genervten Protestlaut danken, den er mit seinem Skelett erzeugt.

Thomas Trilken, Dänemark-
Korrespondent


Siehe auch:

Insekten, Folge 5: Der Asiatische Marienkäfer - Einwanderer mit Biss
Insekten, Folge 4: Rüsselkäfer im Badezimmer
Insekten, Folge 3: Der Gemeine Totengräber
Insekten, Folge 2: Langfühlerschrecke auf stillgelegtem Flugfeld
Insekten, Folge 1: Bienenwolf in der Wüste


Freitag, 21. September 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 2: Fiat 500


Der erste 500 - genannt "Topolino"  -             
ganz klassisch mit Sonnenmarkise und Kofferhalter (Foto: NS).
Für Frankreich war es die Ente, für Deutschland der Käfer, für Großbritannien der Mini - das Auto, das eine ganze Nation bewegte. Seit nunmehr über 50 Jahren gilt in Italien das Gleiche für den Fiat 500.

Eigentlich sogar schon länger. Denn bereits 1936 kam der Fiat 500 Topolino (zu deutsch: Mäuschen) auf den Markt. Er sollte vor allem zwei Zwecke erfüllen: Einmal musste er sehr klein sein, um als Stadtwagen mit Handlichkeit zu überzeugen. Darüber hinaus sollte er Kunden auch durch seinen günstigen Preis anlocken. Beides sollte ihm gelingen. Dennoch wird der Topolino heute nicht mehr als echter Cinquecento (500) angesehen. Warum? Nun, es gibt ja noch seinen Nachfolger, den Nuova 500 ab 1957. Der kommt vor allem beim weiblichen Geschlecht nochmals deutlich besser an, ohne seine Wurzeln zu verleugnen.
Überall rund, niedlich, zum Knutschen. Das große Rolldach lässt einen den frischen Wind im Haar spüren - dafür gab es allerdings zunächst keine Kurbelfenster. Dieses Versäumnis aber wurde recht bald korrigiert, genauso wurde der Kaufpreis zwischenzeitlich noch einmal gesenkt, um noch mehr Autos absetzen zu können - schon sympathisch irgendwie. Genauso, dass man bei drei Metern Außenlänge (das ist kaum mehr als ein aktueller Smart) vier Menschen unterbringen konnte. Zugegeben, auf der Rückbank hatten eigentlich nur Kinder Platz - aber das war nicht schlimm. Denn für Familien war er ja gedacht, der Kleine. Er war günstiger als eine zeitgenössische BMW Isetta oder ein Goggomobil - und deutlich praktischer. Er wurde in den buntesten und grellsten Farben angeboten, strahlte Lebensfreude pur aus. Und das tut er noch immer.



Nuova Fiat 500, 1957 - 1975 (Foto: NS).


 In Oldtimerkreisen erfreut sich der Cinquecento nach wie vor größter Beliebtheit. Die beachtliche Fangemeinde ist dafür verantwortlich, dass die Ersatzteilversorgung stets gesichert bleibt. Ohnehin ist der 500 günstig im Unterhalt, man konnte auch schon vor 50 Jahren einen Verbrauch von unter 5 Litern erreichen - im Gegensatz zu heute aber nicht durch immer modernere Technik, sondern durch Verzicht. Kein Komfort, kein Luxus, wenig Elektronik, dadurch weniger Gewicht. Und vor allem: Es konnte auch weniger kaputtgehen. Das wissen heutzutage immer mehr Menschen zu schätzen, dadurch steigen die Preise für den klassischen 500 stetig. 7.000 bis 8.000 Euro muss man für ein ordentliches Exemplar einkalkulieren, weit über 10.000 Euro für ein richtig gutes. Der Gegenwert aber ist enorm und die Parkplatzsuche fällt auch nicht mehr so schwer.

Knutschkugel (Foto: NS).
Ach ja, und dann wäre da ja noch die Wiederauferstehung der Legende: der neue, moderne Fiat 500. "Retro" ist dort das Stichwort. Oft genug hat dieses Prinzip nicht funktioniert, doch Fiat scheint verstanden zu haben, wie man eine alte Idee neu verpackt und damit erfolgreich ist. Es sah lange Zeit nicht gut aus für Fiat, doch dann wurden der 500 und übrigens auch der Panda reaktiviert: ausgerechnet altbekannte Namen und vertraute Formen führten zur Modernisierung und damit Rettung der Marke. In 2008 wurde der neue Cinquecento sogar zu Europas Auto des Jahres gewählt. Eigentlich spielt heute der neu aufgelegte Panda die Rolle des alten 500. Er ist größer, praktischer und billiger als sein "kleiner Bruder" . Dieser dagegen geht fast schon in Richtung Premiumkleinwagen, es gibt ihn in vielen teuren Sonderfarben und Editionen und sogar mit bis zu 180 PS. In der Basis aber bleibt er bezahlbar und ist damit im Gegensatz zu anderen Wiederbelebungen alter Autos (Beetle, Mini) geblieben, was er immer war: klein, wendig, süß und günstig. Und an jeder Straßenecke zu entdecken!

Nico Siemering, Bielefeld-Korrespondent


Siehe auch:
Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4


Donnerstag, 20. September 2012

Woche des Grundeinkommens in Osnabrück

Ein Buch (Foto: CS).
Es klingt erstmal wie das Paradies auf Erden: Die Idee eines bedingungslosen Grundeinkommens (BGE) für alle Menschen. Jeder würde es bekommen, egal ob alt ob jung, und vor allem: egal ob er arbeitet oder nicht. Und es muss ausreichen - nicht nur fürs blanke Überleben sondern auch für Theaterkarten, Schwimmbadbesuche, den Kaffee in der Pause. Der Gründer der Drogeriemarktkette dm, Götz Werner, wirbt beispielsweise immer wieder dafür. Und auch in Osnabrück gibt es eine entsprechende Initiative. Noch bis Freitag hat sie in der Stadt die Woche des bedingungslosen Grundeinkommens ausgerufen, so wie ähnliche Gruppen in vielen Ländern.

Für ihre gemeinsame Vision setzen sich Menschen an einen Tisch, die sonst nicht zusammenarbeiten. Zum Beispiel der Wallenhorster Landwirt und CDU-Mann Hans Stallkamp, und Pastor Klaus-Wilhelm Depker – Mitglied der Linkspartei. Stallkamp: „Ich fühle mich wirklich verstanden von den Linken.“ Depker: „Das hab ich schon in der Kommunalpolitik in Göttingen gemerkt, dass man sich manchmal mit Politikern der CDU über diese Werteschiene ganz hervorragend streiten kann.“

Stallkamp und Depker sind Mitglieder der Osnabrücker Initiative Grundeinkommen. In ihren Parteien gehört das BGE nicht zum Programm, ebenso wenig wie bei den meisten anderen Parteien. Die meisten Befürworter sagen trotzdem: Das Grundeinkommen ist eine Idee, deren Zeit gekommen ist. Klaus-Wilhelm Depker sagt eher: das Grundeinkommen muss kommen ehe die Zeit abläuft: „Wenn wir das in den nächsten zehn Jahren nicht schaffen, ein Grundeinkommen einzuführen – dann wird der Kapitalismus zu solchen Verwerfungen führen, dass wir kaum noch menschliche Zustände haben werden.“

Das Hauptproblem: Die Idee lässt sich nicht gescheit durchrechnen. Denn keiner weiß, was Menschen mit einem gesicherten Lebensstandard anfangen würden: was sie arbeiten, und ob sie überhaupt arbeiten. Die Auswirkungen auf die Volkswirtschaft sind unvorhersehbar. Studien (Beispiel) haben allerdings herausgefunden, dass die meisten Menschen ein Grundeinkommen keineswegs als Hängematte betrachten würden, sondern als Rückhalt, der sie freier atmen ließe. Freilich scheint klar zu sein, dass die Durchsetzung eines Grundeinkommens die Abkehr vom weitverbreiteten Fixiert-Sein auf das Wirtschaftswachstum bedeuten würde. Das sieht auch Volker Stöckel vom Vorstand der Osnabrücker Initiative so: "Man sollte darüber nachdenken, ob wir nicht zufrieden sein können, mit dem Wohlstand, den wir haben. Das wird auch in der Wirtschaftswissenschaft diskutiert, unter dem Stichwort Satisfizierung."

Stallkamp, Stöckel, Depker (von links, Foto: CS).
Landwirt Stallkamp ist sich sicher: dem ländlichen Raum in der Region würde das Grundeinkommen besonders guttun: „Ein Grundeinkommen für die Landwirtschaft würde die Landschaftsstruktur in Niedersachsen und Westfalen mit mittelbäuerlichen und kleinbäuerlichen Betrieben erhalten können. Brüssel müsste keine Zuschüsse mehr für die Landschaftspflege geben. Das würden die Betriebe dann aus eigener Intention machen.“ Er sagt auch, viele ehemalige Landwirte hätten ihre Kleinbetriebe nicht aufgegeben, wenn sie ein Grundeinkommen bezogen hätten.

Die Woche des Grundeinkommens endet am Freitagabend mit einem Vortrag zum Thema in der Osnabrücker Lagerhalle.


Von Christian Schepsmeier

Mittwoch, 19. September 2012

Nackte Frau im Hausflur

Die Kunst hat viele Gesichter (Foto: CS).
In der Fremde erschrickt man leichter als zu Hause. So ist es mir in einer Pension im fränkischen Unterasbach (bei Nürnberg) ergangen. 

Direkt neben meinem Zimmer mit der Nummer 26 begegnete ich einer nackten Frau. Sie hatte Ausstrahlung, und zwar strahlte sie grünlich gelb. Von ihrer rechten Hand floss etwas Unbestimmbares in die linke. Ich erschrak, und stellte mir zwei Fragen: 1. Wird mich diese Frau verfolgen, wohin ich auch gehe?; 2. Ist das Kunst? 

Als ich mich schon wieder beruhigt hatte, und in Osnabrück in einem Bürostuhl saß, bemerkte ich, dass meine Zimmernummer nicht einfach 26 war, sondern: zwei mal 13.

Von Christian Schepsmeier

Dienstag, 18. September 2012

An alle Türken, Polen und Rumänen


Zielgruppenfixierte Ansprache (Foto: CS).
In der Glastür einer Osnabrücker Sparkasse (am Arndtplatz) hängt das links abgebildete Warnschild. Tenor: "Unsere Mitarbeiter kommen nicht an das Geld. Überfall zwecklos." Die Botschaft ist in neun Sprachen zu lesen.

Interessant ist die Reihenfolge: Prominent plaziert ist zunächst die türkische, dann die polnische und die rumänische Sprache. Die Weltsprachen Englisch und Französisch stehen rechts am Rand.

Man muss nicht um die Ecke denken, um hinter dieser zielgruppenfixierten Ansprache einen Generalverdacht gegen Menschen aus bestimmten Ländern zu erahnen. Selten wird er so plakativ inszeniert.


Von Christian Schepsmeier

Montag, 17. September 2012

Biotope, Folge 9: Das Berghain, nee... der Hainberg!

Eine Königskerze (Foto: CS).
Das Berghain und der Hainberg sind einander nur auf den ersten Blick ähnlich: Sie teilen die gleichen beiden Silben.

Schaut man genauer hin, so zeigen sich frappierende Unterschiede: Hier findet sich die angeblich beste Clubmusik-Anlage der Welt, dort sind meist nur zirpende Grillen zu hören. Hierhin strömen Touristen wie eine Flut, dorthin laufen meist nur Anwohner aus Oberasbach und Nürnberg. Über das Berghain wurde schon viel geschrieben, über den Hainberg eher nicht. Bis jetzt.
Ein Gewöhnlicher Natternkopf (Foto: CS).

Pflanzen
Das Naturschutzgebiet Hainberg - ein ehemaliger Übungsplatz der US-Armee - ist geprägt von Nadelwald-Inseln inmitten großer Trockenwiesen. Stilbildend ist der sogenannte Sandmagerrasen.
Zurzeit beherrschen dort vor allem die gelben Blüten der Königskerze das Bild – diese Stauden haben sich prächtig verbreitet. Überhaupt sind viele Blütenpflanzen zu sehen, die die Kargheit der Ebene beleuchten: zum Beispiel der Gewöhnliche Natternkopf (siehe Foto), die Heidenelke und das seltene Berg-Sandglöckchen.

Kein Zutritt.

Tiere
Beim Studium der Gegend sind mir keine größeren Tiere begegnet. Die in beeindruckender Dichte aufgestellten Infotafeln weisen allerdings auf eine interessante Fauna hin: Der Schwalbenschwanz flattert demnach hier herum, unter Umständen gejagt von der Knoblauchkröte, und es gibt auch Eisvögel. Die beiden letzteren treiben sich aller Wahrscheinlichkeit nach vor allem an der Rednitz herum, die den Hainberg in Richtung Nürnberg begrenzt. Darin gibt es auch Fische.

Infrastruktur
Der Hainberg ist gut erschlossen. Er wird durchzogen von breiten Kieswegen für Radfahrer und schmaleren Trampelpfaden für Fußgänger und Läufer. Für die Trockenwiesen selbst gilt freilich stets: Betreten verboten! Das Naturschutzgebiet ist zudem unübersehbar von größeren Infrastrukturprojekten betroffen, die ihm selbst nicht nutzen, ja vielleicht schaden. So laufen zum Beispiel aufdringliche Hochspannungsleitungen durch die Landschaft. Bedroht wird das Gebiet auch vom Ansinnen einiger Bürger in Unterasbach. Wie mir eine Pensionswirtin sagte, sprechen sich dort viele für eine neue Umgehungsstraße aus, die durch das Naturschutzgebiet führen soll. Die Straße würde das Wohngebiet Unterasbach (Ortsteil von Oberasbach) entlasten, und das Naturschutzgebiet Hainberg belasten.
Mitten im Naturschutzgebiet.

Erholungsmöglichkeiten
Der Hainberg ist eine einzige Erholungsmöglichkeit. Für Radfahrer und Läufer ist er ein tolles Spielfeld. Und wenn man sich einmal zurücklehnen will, dann gelingt dies besonders gut am Ufer der Rednitz, die hier durchs Frankenland eilt. Eine längere Rast hat hier im Jahr 1632 auch Wallensteins Heer gemacht – im Dreißigjährigen Krieg.


Von Christian Schepsmeier
Die Rednitz am Hainberg.


Siehe auch:



Samstag, 15. September 2012

INTER-BOOB oder hab ich mich verlesen?

Plakatwerbung (Foto: Der Spieler).
Was wird hier wohl umworben? Bikini-Mode? Sonnenkrem? Frauenkörper? Urlaub? Bei näherem hinsehen liest man INTERBOOB, die Messe für das Dekolletee.

Ach nein, tschuldigung! Ist doch glasklar, dass das ein Bootssteg ist, folglich die junge Dame nur darauf wartet, dass du ihr dein Boot anbietest, das aber noch gar nicht da ist, deswegen sollst du ja auch schnell zur INTERBOOT. Wurde tatsächlich bei der Bildauswahl übersehen, dass es um die Messe geht? Hatte der Bildauswähler nur das eine im Kopf?


Also bei Autowerbung, insbesondere Automessen, ist mans ja gewohnt, dass die Frau die Hälfte des Bildes einnehmen kann. Aber wie wenig halten die Werbemacher von Booten, dass sie sie ganz verschwinden lassen? Was sieht man dann auf der Messe, auch nur Dekolletees?

[P.S.: Während des Knipsens am Hauptbahnhof Osnabrück lachten drei 12-jährige. Auf Ansprache gaben Sie zu, sie hätten mich für eine Art Spanner gehalten. Meine Erklärung, dass ich das als Beispiel für sexistische Werbung für Boote aufnehme, reichte ihnen. Äh, was für Boote? fragten sie... Ja, genau, was für Boote!]

Von "Der Spieler"

Freitag, 14. September 2012

Das Auto zum Wochenende, Folge 1: Bugatti Veyron EB 16.4

In dieser neuen Serie wird jede Woche ein spannendes, sympathisches, aufregendes, zukunftsweisendes, denkwürdiges oder bedeutendes Automobil vorgestellt, kritisiert oder gelobhudelt.

Natürlich sollte der erste "Kandidat" gleich mehrere dieser Kriterien erfüllen. In der Premierenausgabe möchte ich zeigen, weshalb der Bugatti Veyron in der Vergangenheit zurecht so sehr für Gesprächstoff gesorgt hat.


Ein komplett verspiegelter Veyron in der
Wolfsburger Autostadt (Foto: N.S.)

Ein Blick auf die Eckdaten beeindruckt: 1001 PS aus 16 Zylindern, 0-100 km/h in 2,5 Sekunden, 0-300 km/h in unter 17 Sekunden, Spitzengeschwindigkeit: über 400 km/h. Autofans können allein bei der Vorstellung nicht ruhig sitzen bleiben, werden nervös und wollen das mal ausprobieren, nur ein Mal hinter'm Lenkrad Platz nehmen und Gas geben. Laut Journalisten und Testern ist das durchaus möglich, soll das Auto nicht zickig sein, sondern kinderleicht zu fahren und zu bedienen. Doch mal ehrlich, welcher Millionär verleiht schon sein sündhaft teures Spielzeug? Und noch wichtiger: Wo kann man dieses Auto überhaupt ausfahren außer auf Oval-Rennstrecken mit Steilkurven?

Selbst fahren geht also nicht, und die meisten der etwa 300 im elsässischen Molsheim produzierten Fahrzeuge stehen mittlerweile in hermetisch verschlossenen Tiefgaragen ihrer wohlhabenden, aber betagten Besitzer. Wozu also das alles? Trotz eines Kaufpreises von etwa 1,3 Millionen Euro hat Volkswagen (der Konzern besitzt Bugatti) Insidern zufolge mehrere 100.000 Euro Verlust pro ausgeliefertem Veyron gemacht. Das klingt nach purem Wahnsinn, besonders in einer Zeit, in der den Autokonzernen das Wasser bis zum Halse steht und sogar große Automarken wie Opel am Rande der Insolvenz wandeln. Was also hat sich VW dabei gedacht?

Es hatte schon viele Vorabbilder und Ankündigungen gegeben, noch weit bevor der Veyron in Serie ging, über Jahre zog sich die Entwicklung hin und manch einer rechnete nicht mehr damit, dass es jemals einen 1000-PS-Bugatti auf der Straße geben würde. VW hatte wohl unterschätzt, wie teuer und aufwändig die Entwicklung eines solchen Projektes ist. Einen Motor mit über 1000 PS zu bauen war dabei nur die kleinste Herausforderung. Dieses Monster musste aber in ein Auto gepfercht werden können, das allein schon aus Gründen der Aerodynamik extrem flach sein musste. Und bei den unvorstellbaren Geschwindigkeiten wirken natürlich auch außergewöhnliche Kräfte, was wiederum die Fahrsicherheit beeinflussen würde. Also mussten die Bremsen verstärkt werden, ebenso das Getriebe, auf das bis zu 1250 Newtonmeter Drehmoment wirken, mal ganz abgesehen von den Reifen, die es so noch nie zuvor für straßenzugelassene Autos gegeben hatte.

Das ist sehr viel Aufwand für ein unvernünftiges, verlustbringendes Automobil. Doch der damalige VW-Chef Ferdinand Piech befand sich auf einem Egotrip, wollte den Volkswagen-Konzern in neue Sphären hieven. Außer Seat und der Billigmarke Skoda sollte jedes einzelne Produkt Premiumstandards gerecht werden. Lamborghini wurde ebenso gekauft wie Bentley. Den VW Passat gab es plötzlich mit einem Achtzylindermotor und selbst in der Luxusklasse war VW bald mit dem Phaeton vertreten. Da passte das Prestigeprojekt Bugatti Veyron perfekt ins Bild. Es hatte bereits in den 1990er Jahren einen Wiederbelebungsversuch der elsässischen Marke durch einen italienischen Geschäftsmann gegeben, doch der EB 110 GT kam in einer wirtschaftlich schwierigen Phase auf den Markt und scheiterte. VW sicherte sich daraufhin die Namensrechte dieser Marke, die vor den Weltkriegen mit ihren schier unfassbaren Luxuslimousinen und den auch im Motorsport äußerst erfolgreichen Sportwagen Aufsehen erregte. Übrigens ist der Name Veyron EB 16.4 eine Reminiszenz an gleich zwei bedeutende Persönlichkeiten der Markengeschichte: Pierre Veyron, Entwickler und Rennfahrer für Bugatti vor dem zweiten Weltkrieg und Ettore Bugatti (EB), den italienischen Firmengründer.

Was stellt nun also der Bugatti Veyron dar und was soll man von ihm halten? Zunächst einmal ist er natürlich Überfluss in Reinstform, mit einem Verbrauch selbst mit sparsamer Fahrweise von mindestens 25 Litern auch alles andere als zeitgemäß. Das Produkt des übersteigerten persönlichen Ehrgeizes eines (wenn auch technisch begnadeten) Firmenchefs, der mit sehr viel Kapital hantieren und sich somit auch seinen eigenen Traum erfüllen konnte. Allerdings wurde das Projekt auch nach seinem Abtritt fortgeführt. So gab es einige Sondermodelle und auch eine nochmals stärkere Version - den Super Sport mit 1200 PS - mit dem sogar eine Geschwindigkeit von über 430 km/h erreicht wurde, nachdem ein amerikanischer Sportwagenhersteller zwischenzeitlich den Rekord innegehabt hatte.
Aber der Bugatti Veyron ist mehr als nur Show, Glamour und Rekordhascherei. Seine Fertigstellung nach jahrelanger Planung und Entwicklung war einer der wenigen Concorde-Momente der jüngeren Geschichte. Er zeigt das technisch Machbare, er ist so unvernünftig, dass es zweifellos möglich ist, dass er der letzte Supersportwagen seiner Art sein wird. Aufgrund der Regularien, die Höchstgrenzen bei Verbrauch und Emissionen festsetzen, macht ein solches Automobil in der Zukunft keinen Sinn mehr. Der Bugatti Veyron ist ein Auto für die Ewigkeit.

Nico Siemering, Bielefeld- Korrespondent

Donnerstag, 13. September 2012

Als ein Fremder ungefragt mein Auto lieh



In dieser Lücke stand mal mein Auto. (Foto: A.S.)
Als ich gestern Abend fröhlich pfeifend das Haus verließ, um zum Einkaufen zu fahren, klaffte dort, wo ich tags zuvor noch mein Auto (das genau genommen gar nicht meins ist) sah, eine breite Lücke. Das Auto war weg. Mein erster Gedanke: „Klar, geklaut. Wir sind hier schließlich in Neukölln. War wohl nur eine Frage der Zeit.“ Dann folgten aber sofort die nächsten Gedanken: Warum mein Auto? Es ist doch schon älter und zudem – wie einige meinen – auch noch häßlich. Auf dem großen Markt für geklaute Autos wird dafür bestimmt kein nennenswerter Preis gezahlt. Oder hatte es sich etwa ein Verbrecher/ Polizist für eine kurze Verfolgungsjagd ausgeliehen (man kenn das ja…)? Aber es war doch abgeschlossen. Warum also dieses Auto?

Nachdem ich aufgeregt die Straße auf und ab gelaufen war, um zu sehen, ob ich es vor zwei Wochen (der umweltbewußte Großstädter braucht ja eigentlich kein Auto) doch woanders abgestellt hatte, bog ich schließlich mehr aus Verzweiflung noch um die nächste Straßenecke. Und da sah ich es: mein kleines, rundes, schwarzes Auto. Äußerlich unversehrt stand es da; ohne Zettel, an der Scheibe, auf dem sich ein netter Verbrecher/Polizist für die kurze Leihgabe bedankte, dafür aber rückwärts eingeparkt. Ein klares Indiz, dass unmöglich ich das Auto dort abgestellt haben konnte.
Neue Gedanken türmten sich auf, und ich wünschte mir die Diebstahl-Variante zurück…
Hier auch. (Foto: A.S.)
Irritiert, aufgeregt und mit einem leichten Verfolgungswahn behaftet rannte ich zurück ins Haus, in Sicherheit. In einem kurzen Telefonat zur Beruhigung der Nerven, riet mir mein im Umgang mit der Polizei erfahrener Gesprächspartner (sein Name tut hier nichts zur Sache), eben bei diesem Freund und Helfer anzurufen, um Auskunft zu erhalten. Vielleicht ist heimliches Autoumparken ein derzeitiger Trend in Neukölln und es gibt bereits erste Verdächtige. Gesagt, getan.

Der nette Polizist von der Polizeidirektion 5, Abschnitt 55, ermunterte mich freundlich, mein Anliegen zu berichten, hörte sich alles aufmerksam an, um mich abschließend völlig unverhofft nach dem Autokennzeichen zu fragen. Ich scheiterte, konnte nur die Buchstaben. „Nee, junges Fräulein, da brauchen wir schon das ganze Kennzeichen.“ Mein Angebot, kurz rauszulaufen, um zu gucken und anschließend wieder zurückzurufen, tat er lachend ab und wollte dann lieber erstmal sehen, wie weit ich kam. Ungläubig hörte er sich drei Mal meine Buchstabenkombination an („Nicht Berlin?“ – „Nein, nicht Berlin, sondern HX.“ – „Heinrich Xanthippe??“ – „Ja, ja, H –X.“), legte mich schließlich beiseite, beriet sich mit seinem Kollegen und kam zurück. „Ja, junge Frau, das war die Polizei.“ Wow, also doch ein Kommissar in Not?!
Nein, nur eine Baustelle vor der Haustür. Die Autos der Handwerker brauchten Platz und in solchen Fällen, darf die Polizei im Wege stehende Autos in Sichtweite (Ansichtssache…) umparken.

Anne, Berlin-Korrespondentin

Mittwoch, 12. September 2012

Weißes Kaninchen gesehen

Von näher.
Rätselhaft, warum Alice und ihr White Rabbit hier plötzlich erschienen sind, und warum gerade die Villa Schlikker in Osnabrück als Wonderland herhalten musste. 1900 gebaut, ist die Villa jünger als Alice’s Adventures in Wonderland (1865).

Bauherr Schlikker hatte 1865 durch die erste Dampfmaschine mit mechanischen Webstühlen seine Firma zur größten Textilfirma im Bereich Osnabrück gemacht.

Von weiter.

Seine Villa beherbergt heute eine Ausstellung des Kulturgeschichtlichen Museums in Osnabrück.

Alledies hilft indes nicht weiter, um die Fotosession zu erklären.


Von "Der Spieler"

Siehe von diesem Autoren auch:
Radeln im Zeichen der Merkursonne

Dienstag, 11. September 2012

Biotope, Folge 8: In einem kleinen ostwestfälischen Dorf...



Die Barler Heide (Foto: KS)

Wir befinden uns im Jahre 2012 n. Chr. Ganz Minden-Lübbecke ist von Land- und Forstwirtschaft besetzt… Ganz Minden-Lübbecke? Nein! Ein von unbeugsamen Heideliebhabern bevölkertes Dorf hört nicht auf, den Eindringlingen Widerstand zu leisten. Und das Leben ist nicht leicht für die wildwachsenden Bäume der Arten Prunus padus (Traubenkirsche), Betula (Birke) und Pinus (Kiefer)...
 

Hier nicht erwünscht: Traubenkirsche (Foto: KS)





Jeden ersten Samstag im Monat geht es deren Sprösslingen an den Kragen. Mit Traktoren, Elektrosensen und eigener Kraft der Heideanwohner werden außerdem auch Brombeeren entfernt und Gräser gestutzt, damit das Heidekraut wachsen und gedeihen kann. Ein geheimer Zaubertrank soll dabei hilfreich sein…
Dies alles geschieht in dem kleinen ostwestfälischen Dorf(-teil) Barl, in dem die Anwohner sich der Heimatpflege widmen.


Das Heidekraut (Erica) (Foto:KS)
Pflanzen 
Das Heidekraut selbst blüht von Juni bis September und ist in dieser Zeit ein echter Blickfang. 
Umgeben von Fichten, Kiefern und Eichen wird die Heidefläche seit ein paar Jahren dank der Mühe der Anwohner jedes Jahr größer. Bedroht ist die Heide jedoch vor allem von der Traubenkirsche, der Birke und der Brombeere,  die dem Heidekraut sowohl Licht als auch die notwendigen Nährstoffe nehmen. Diese Pflanzen sind sehr robust und kehren immer wieder. Daher ist eine regelmäßige Pflege notwendig. 
Außerdem finden sich auf der Heide diverse Gräserarten und seit kurzem auch das Wollgras, welches sonst eher in Mooren zu finden ist.
                    


Eine Hummel bei der Arbeit (Foto: KS)
Tiere
Wenn man über die Heide geht, sieht und hört man um sich herum vor allem Heuschrecken und Grillen. Aber auch Spinnen, rote Ameisen und Hummeln begegnen einem. Guckt man etwas genauer hin, erblickt man zusätzlich Mäuselöcher und Kaninchenbauten. Zudem sieht man in der letzten Zeit ab und zu zwei Rehe auf der Heide. Mit Vogel- und speziellen Kauzkästen wird versucht auch Vögel anzusiedeln.

 

Hier lässt es sich aushalten (Foto: KS)
Erholungsmöglichkeiten
Neben den unzähligen Möglichkeiten es sich auf den Grasflächen mit einer Decke (oder auch ohne) gemütlich zu machen, stehen Besuchern nach einer Fahrradtour oder einem Spaziergang zwei Bänke zur Erholung zur Verfügung. Dort kann man sich ausruhen und sonnen, dem Zirpen der Grillen und dem Zwitschern der Vögel lauschen und mit Glück und Geduld Rehe oder Kaninchen beobachten.